Der Vogel des Monats Oktober ist das Rothuhn. Sein wissenschaftlicher Name ist Alectoris rufa – Alectoris (griech.) = Huhn, rufa (weibl., lat.) = rothaarig. Es ähnelt dem Steinhuhn (Alectoris graeca saxatilis), kann aber an dem nach unten „ausfransenden“ Halsring im Feld gut bestimmt werden. Ebenso sind die Lebensräume des Steinhuhns (gebirgig, felsig) vollkommen andere als die des Rothuhns (Kulturlandschaft, Felder).
Verbreitung und Lebensraum
Die natürliche Heimat des Rothuhns befindet sich heute im südwestlichen Europa: Spanien, Frankreich, Norditalien. Auf einigen südlichen Inseln Europas ist es ebenfalls zu finden, z. B. auf Korsika, Mallorca und Madeira. In Großbritannien gehört es nach Aussetzungen im 18. Jh. (s. Wikipedia) ebenfalls zum Bestand. Versuche, es auch in Mitteleuropa anzusiedeln, scheiterten bisher – angeblich aufgrund des Klimas. Doch sollte hierbei auch gefragt werden, ob nicht weitere Aspekte eine Rolle spielen, wie etwa die gegebenen Agrarstrukturen, der Prädatorendruck oder das Futterspektrum.
Interessanterweise entsteht die beim Männchen deutlich ausgeprägte Rottönung des Brust- und Kopfgefieders nach der Mauser immer erst nach und nach, indem sich die grauen Deckfederspitzen abstoßen und die unterliegende rote Färbung zum Vorschein kommt.
Bedrohung und Rückgang der Art
Einen Schutzstatus hat das Rothuhn nicht, es ist nicht in der europäischen Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG enthalten. Gleichwohl erlebt die Art einen bisher nicht dagewesenen Rückgang. Der Bestand gerät zusehends in eine fragile Situation. Die Änderungen in der Agrargestaltung (= Lebensraumvernichtung) in den genannten Ländern wiegen dabei ebenso schwer wie ein „übermäßiger Jagddruck und traditionelle Verfolgung“ (s. infoanimales.net).
Ich selbst konnte auf Mallorca miterleben, wie schießwütige „Naturfreunde“ auf Rothühner ballerten. Da mein Weg ins Schussfeld führte, wurde dann das Feuer eingestellt.
Jagdkultur und Widersprüche
Seltsam mutet bereits der Wikipedia-Artikel zum Rothuhn an, wo die Ansiedlung des Rothuhns in Großbritannien auch darauf zurückgeführt wird, dass es sich um ein „geschätztes Jagdwild“ handelt.
Recherchen zur europäischen Jagdkultur (u. a. bei Hirschfeld, A. & G. Attard: Vogeljagd in Europa) sind dann allerdings kaum noch nachvollziehbar:
- 2014/2015 wurden in Frankreich über 1.000.000 Rothühner abgeschossen
- in Spanien sogar über 2.000.000 (s. Berichte zum Vogelschutz, Bd. 53/54, 2017: Axel Hirschfeld & Geraldine Attard: Vogeljagd in Europa – Analyse von Abschusszahlen und Auswirkungen der Jagd auf den Erhalt bedrohter Arten).
Jagdrecht in Deutschland
Abschuss bedrohter Arten – ein Phänomen anderer Länder? Das deutsche Jagdrecht erlaubt, dass z. B. Rebhühner nach § 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG) zu den jagdbaren Arten zählen. Laut BJagdZ-VO darf das Rebhuhn vom 01.09. bis 15.12. gejagt werden. Die Umsetzung ist dann Ländersache. In Thüringen ist der Abschuss gestattet vom 01.10. bis 30.11. (s. ljv-thueringen.de).
Unvereinbar ist aus meiner Sicht, dass Vogelarten, die nach europäischem Recht einen besonderen Schutzstatus haben, zur „Bejagung“ freigegeben sind.
Ausblick und Hoffnung

Es ist m. E. erstaunlich und tragisch, dass am Ende des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft bezogen auf den Schutz von Natur, Biodiversität und Artenvielfalt weithin verkannt und – auch hier in Deutschland – im traditionellen Dümpeln, ohne jegliche kognitive Restlichtverstärkung, an viel zu vielen Stellen weggewabert oder durchbürokratisiert werden!
Hoffnungsvoll stimmt jedoch, dass es immer wieder auch Menschen gibt, die Natur nicht nur konsumieren und genießen, sondern die Zeichen der Zeit erkannt haben und sich für den Erhalt der Natur, insbesondere der Vogelwelt, engagieren. Ausgangs der Erfahrungen in den Schulprojekten dieses Jahres stimmt ebenfalls hoffnungsvoll, dass Kinder mit einem ganz anderen Bewusstsein und Interesse für die Natur aufwachsen, als es noch vor gut dreißig Jahren der Fall war. Fragen nach Zusammenhängen, mitunter enormes Detailwissen und konkretes Engagement setzten die involvierten Fachgruppenmitglieder während der Schulexkursionen immer wieder in Erstaunen.
Text: Holger Kirschner

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