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Alarmstufe Rot für Igel in Jena

Unser kleiner Mitbewohner ist in Jena längst nicht nur durch Straßen, Lebensraumverlust und Pestizide in Gefahr – auch im eigenen Garten droht eine tödliche Falle. Und doch: Der Stadtrat hat sich in der letzten Sitzung gegen ein Nachtfahrverbot von Mährobotern entschieden. Für uns absolut nicht nachvollziehbar und die Argumente gegen das Verbot sind auch sehr dünn.

 

Dass Mähroboter vielen Igeln schaden (und auch anderen kleinen Insekten und Tieren) steht außer Frage. Auch in Jena ist dies ein Problem und besonders dramatisch ist, dass wir hier vor Ort nicht einmal eine Auffangstation haben. Nichtsdestotrotz hat der Stadtrat in der letzten Sitzung dagegen gestimmt. Heidrun Jänchen von der Linken stellte hier eine Vorlage für ein solches Verbot vor. 

𝗗𝗲𝗿 𝗦𝘁𝗮𝗱𝘁𝗿𝗮𝘁 𝗹𝗲𝗵𝗻𝘁 𝗱𝗶𝗲𝘀𝗲 𝗮𝗯 𝗺𝗶𝘁 𝗱𝗲𝗻 𝗳𝗼𝗹𝗴𝗲𝗻𝗱𝗲𝗻 𝗔𝗿𝗴𝘂𝗺𝗲𝗻𝘁𝗲𝗻:

  • Im Straßenverkehr werden weit mehr Igel getötet als durch Mähroboter – ergo: ein Verbot im Gartenbereich sei weniger dringend. 
  • Das Gesetz decke bereits das strafbare Verletzen von Tieren ab – ein spezielles Verbot von Mährobotern sei daher nicht zwingend erforderlich. 
  • Hauptargument: Kontroll- und Durchsetzungsprobleme – Wie sollte sichergestellt werden, dass nachts keine Mähroboter laufen? Insbesondere auf Privatgrundstücken sei dies kaum praktikabel.
  • Auch: Ein Verbot im Sinne einer regulierenden Allgemeinverfügung würde in den Augen einiger Ratsmitglieder einen „Eingriff in die persönliche Freiheit“ darstellen. Die einzelnen Argumente sind ganz unten aufgeschlüsselt nach Partei zu finden.

Eine solche Argumentation macht sprachlos. Und seltsamerweise haben bereits einige Kommunen und Städte Verbote eingeführt - vielleicht kann ja die Stadt Leipzig um Rat gebeten werden - hier gibt es ein Verbot.

𝗪𝗮𝗿𝘂𝗺 𝗶𝘀𝘁 𝗲𝗶𝗻 𝗩𝗲𝗿𝗯𝗼𝘁 𝘄𝗶𝗰𝗵𝘁𝗶𝗴?

In Deutschland häufen sich Fälle von Igeln mit Schnittverletzungen durch Mähroboter. Und auch in Jena ereignen solche Fälle. Hier gibt es jedoch keine Igelauffangstation, weshalb eine Erhebung schwierig ist. Aber wir haben Kenntnis von einigen Verletzungen.

 

Nach Angaben betroffener Stationen überlebt von den betreuten Tieren etwa die Hälfte nicht. 

Ein Verbot würde nicht nur den Betrieb regeln, sondern auch eine klare Botschaft setzen: Unsere Gärten sind kein Lebensraum-Risiko, sondern Rückzugsraum.

Gleichzeitig trifft die Diskussion um Mähroboter auf eine ohnehin dramatische Lage: Der Igel wurde 2024 zum „Wildtier des Jahres“ gewählt und gilt laut Weltnaturschutzunion IUCN inzwischen als potenziell gefährdet – er verfehlt die Kriterien für eine noch höhere Gefährdungsstufe nur knapp. Zu den Ursachen zählen vor allem vom Menschen geschaffene Gefahren: scharfe Gartengeräte wie Rasentrimmer und Rasenmäher, aber auch automatisierte Technik wie Mähroboter, die schlafende oder nachtaktive Igel im dichten Gras schlicht „überfahren“.

 

Vor diesem Hintergrund ist jeder zusätzliche Risikofaktor, der sich politisch und technisch relativ einfach eindämmen lässt, besonders relevant.

𝗨𝗻𝘀𝗲𝗿𝗲 𝗣𝗼𝘀𝗶𝘁𝗶𝗼𝗻 – 𝗸𝗹𝗮𝗿 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝘂𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵:

Ein verbindliches Nachtfahrverbot für Mähroboter in Jena – z. B. Betrieb ab 30 Minuten vor Sonnenuntergang bis 30 Minuten nach Sonnenaufgang einstellen.

Dieses Verbot muss für öffentliche Grünflächen und private Gärten gelten, mit verbindlichen Regelungen und Sanktionen bei Verstoß.

Parallel: Eine Informationskampagne zur igelfreundlichen Gartengestaltung und zum richtigen Mähen (nur tagsüber, Geräte beaufsichtigen).

Der Stadtrat muss erkennen: „Nicht kontrollierbar“ darf nicht das Ende des Schutzes sein. Gerade weil Kontrolle schwierig ist, wird ein verbindliches Verbot umso wichtiger.

𝗪𝗮𝘀 𝗸𝗮𝗻𝗻𝘀𝘁 𝗱𝘂 𝘁𝘂𝗻?

Lass den Mähroboter nicht nachts laufen, sondern nur tagsüber und idealerweise unter Aufsicht.

Schaffe im Garten Rückzugsräume (z. B. unbe­mähte Ecken, Laubhaufen), in denen Igel sicher leben können.

Unterstütze unsere Forderung: Sprich mit Nachbar*innen, teile den Beitrag und fordere die Stadt auf, Verantwortung zu übernehmen.

Und hier noch die detaillierteren Argumente

  • Die Grünen (Sprecher Heiko Knopf) stimmen dem Antrag zu.
  • Die #noAFD (Sprecher Dr. Kühne) haben zwei Hauptzweifel. Erstens, ob der Antrag ein wirklich relevantes Problem behandelt (Stichwort Größenordnung; Wie viele Igel werden durch den Verkehr getötet und durch Motorsägen). Zweitens sei das nicht effektiv und Aufklärung ja, aber nicht die Stadt sei in der Aufgabe das zu kontrollieren. Stimmen entsprechend nicht zu.
  • Dezernent Lange: In Erfurt sei eine Allgemeinverfügung in Prüfung; Das Land strebt eine einheitliche Regelung an; hält Beschluss für zeitraubend
  • CDU (Sprecher Herr Wothly):  Keine Zustimmung; Es fehlt eine Erhebung, wie viele Mähroboter es überhaupt im Stadtgebiet gibt und was ist mit Sportvereinen? Berufstätige nutzen Roboter abends nach der Arbeit; er hat noch nie jemanden erlebt, der das nachts macht und hätte dazu auch gerne Erhebungen, wer das überhaupt nachts macht und kann sich nicht vorstellen, dass das in Jena so ist
  • Die Linke (Sprecherin Martina Flämmich-Winckler): findet die bisherigen Argumentationen bemerkenswert und appelliert an die Redner, was sie von sich gegeben haben
  • FDP (Sprecher Stefan Beyer): Fordert auf, die Debatte zu beenden, da Redner emotional reagieren, aber nicht mehr sachlich

Vielen Dank an Heidrun, die sich für dieses Thema eingesetzt hat!


Quellen:

https://nationalgeographic.de/tiere/2024/04/igel-in-deutschland-das-leise-verschwinden/

https://www.jenatv.de/sendungen/12/stadtrat.html

 

Weitere Links:

https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/pflege/28166.html

https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/igel


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