
Nicht nur aufgrund seiner lauten, munteren Stimme und des recht streitbaren Verhaltens an den Futterplätzen lässt sich der Grünfink (gelegentlich auch als „Grünling“ bezeichnet) sogar im Winter als häufigster unter allen heimischen Finkenvögeln in unseren Gärten gut beobachten. Auch die grün-gelbe Brust und der im Alterskleid gelbe Flügelspiegel des Männchens lassen kaum eine Verwechslung zu. Diese leuchtenden Farben sind namensgebend für die aus dem Altgriechischen abgeleitete wissenschaftliche Bezeichnung „Chloris chloris.“
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des weltweit in zehn Unterarten vorkommenden Grünfinks umfasst Europa, Nordafrika und Westasien. Eingebürgert ist die Art inzwischen auch in weiteren,
abgelegenen oder isolierten Regionen wie z.B. der Inselgruppe der Azoren, in Uruguay, oder Neuseeland.
Mit etwa 1,5 bis 2 Millionen Brutpaaren in Deutschland rangiert der Grünfink unter den 15 häufigsten Brutvogelarten Deutschlands und gilt zudem aufgrund des stabilen Bestandstrends als
ungefährdet. Die aktuelle NABU-Wintervogelzählung ergab 70.384 Beobachtungen in ganz Deutschland, davon 2.886 in Thüringen – das heißt Platz 11 bzw. 7 der Ranglisten.
Der Bestand der Grünfinken ist zwar nicht gefährdet, unterliegt jedoch gelegentlich recht starken, durch Trichomoniasis bedingten Schwankungen. Diese durch direkten Kontakt oder Trinkwasser
übertragbare Infektionskrankheit kann nicht behandelt werden und führt innerhalb kurzer Zeit zum Tod.
In unseren Breiten hält sich der Grünfink vor allem in Wäldern, gehölzbestockten Kultur- und Parklandschaften auf. Doch zunehmend wird auch die Nähe von menschlichen Siedlungen wird gern als
Lebens- und Fortpflanzungsraum gesucht. Sogar Bruten in Balkonkästen sollen schon vorgekommen sein.
Der Grünfink gehört zu den Singvögeln, die nicht selten auch Rufe anderer Arten imitieren bzw. in ihren Gesang – welcher zudem recht kleinräumig ausgeprägte Dialekte aufweist - einbauen. Es gibt
dabei zwei sich deutlich voreinander unterscheidenden Ruffolgen: ein„ kanarienvogelähnliches“ melodischen Trillern und Pfeifen sowie ein eher unmusikalischen, kurzes Krächzen.
Letztgenannte, nur während der Brutzeit – übrigens auch vom Buchfink - zu vernehmende Tonfolge der Männchen wird im Volksmund auch als „Regenruf“ bezeichnet. Wie Forschende des
Max-Planck-Institutes für biologische Intelligenz jedoch vor kurzen erst nachwiesen, besteht wohl kein Zusammenhang zur Witterung. Da die Männchen besonders häufig den „Regenruf“ in Nähe der
Weibchen und ab Beginn der Nestbau- und Brutsaison erklingen lassen, geht man eher von einer sozialen Bindungsäußerung innerhalb des Paares aus.
Das wie ein kleiner Napf aus Halmen und Reisig geformte, weich gepolstertes Grünfinkennest wird ab April – in Siedlungen auch zeitiger -in dichter, bodennaher Vegetation sozusagen arbeitsteilig
angelegt: während das Weibchen baut, ist das Männchen für die Materialbeschaffung zuständig. Mit Balzflügen und Gesang in Nestnähe wird das dann etwa zwei Wochen brütende Weibchen von seinem
Partner bei Laune gehalten.
Die Versorgung der nach etwa zwei Wochen aus weißlichen, dunkelbraun gesprenkelten Eiern Flecken schlüpfenden 4 bis 6 Jungen teilen sich beide Eltern und füttern z.B. auch mit im Kropf
eingeweichten Sämereien und Körnern. Ein Grünfinkennest kann man recht gut erkennen, denn der Kot der Jungtiere wird nicht von den Eltern weggetragen - verbleibt also am Nestrand und bildet dort
mit der Zeit eine feste Kruste.
Grünfinken zählen zu den typischen Standvögeln, d.h. sie zieht es sogar in sehr kalten Wintern nicht aus ihrem Brutgebiet in wärmere Regionen fort. Nur einige der nördlicheren Populationen
verbringen die kalte Jahreszeit in West- und Südeuropa und schließen sich auf der Futtersuche den Schwärmen der hier heimischen Population an. Sämereien, Früchten, Knospen und an den
Wild-Gehölzen verbliebene Früchte wie z.B. Hagebutten gehören zum Nahrungsspektrum.
Bietet man an der Futterstelle solche Kost an, wird sich der Grünfink bald als regelmäßiger Besucher einstellen und gut beobachten lassen – vor allem, wenn man es im eigenen Garten mit
standortgerechten, einheimischen Hecken und etwas mehr „Naturbelassenheit“ versucht.
Text: Kathlen Runge