Vogelschlag am Glashaus in Jena
Sehr geehrter Herr Dr. Nitzsche,
die NABU Wildvogelhilfe Jena und der NABU Kreisverband Jena e.V. möchten Sie auf ein dringendes Anliegen aufmerksam machen, das den Schutz der Vogelwelt in unserer Stadt betrifft. Seit Anfang des Jahres 2024 ist uns bekannt geworden, dass das Glashaus im Paradiespark eine gefährliche Todesfalle für zahlreiche Vögel darstellt.
Die großflächigen Glasfronten des Gebäudes sind für Vögel im Flug nahezu unsichtbar. Dies führt regelmäßig zu Kollisionen, die oft tödlich enden und zu schweren Verletzungen wie Genickbrüchen oder inneren Blutungen führen. Um das Ausmaß dieses Problems zu erfassen, haben wir zu Jahresbeginn ein intensives Monitoring durchgeführt. Bereits nach kurzer Zeit wurden die gesetzlichen Grenzwerte für Vogelschlag deutlich überschritten, was den Eigentümer verpflichtet, gemäß den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und der EU-Vogelschutzrichtlinie, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
In dem Bestreben, eine einvernehmliche Lösung zu finden, haben wir uns am 13. März 2024 gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde und mit Vertretern der Kommunalen Immobilien Jena (KIJ) getroffen. Leider stießen unsere Vorschläge bei den KIJ auf wenig Verständnis. Es wurden Bedenken hinsichtlich des Denkmalschutzes und der architektonischen Einzigartigkeit des Gebäudes geäußert. Dennoch möchten wir betonen, dass der Schutz bedrohter Tierarten durch europäisches Recht priorisiert wird und daher Vorrang vor anderen Interessen hat.
Wir haben den KIJ mehrere Monate Zeit gegeben, um Maßnahmen zum Schutz der Vögel zu planen und umzusetzen. Bis heute, neun Monate später, haben wir jedoch keine Rückmeldung erhalten. Zudem wurde eine beschädigte Scheibe ersetzt, ohne notwendige Schutzmarkierungen anzubringen. Dies erweckt den Eindruck, dass seitens der KIJ keine Bereitschaft besteht, die erforderlichen Schritte zum Schutz der Vogelwelt einzuleiten.
Angesichts der Dringlichkeit des Problems appellieren wir an Sie, sich für den Schutz der Vögel am Glashaus im Paradies einzusetzen. Es gibt zahlreiche effektive Lösungen, wie zum Beispiel spezielle Folien oder Muster auf den Glasflächen, die das Risiko von Vogelkollisionen erheblich reduzieren können.
Wir bitten Sie eindringlich, dieses Anliegen zu prüfen und sich für eine schnelle Umsetzung von Schutzmaßnahmen stark zu machen. Sollte keine zeitnahe Lösung gefunden werden, sehen wir uns gezwungen, alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Schritte zu erwägen, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Vogelwelt sicherzustellen.
Hintergrundinformationen
Statistische Daten: Jährlich sterben in Deutschland schätzungsweise bis zu 100 Millionen Vögel durch Kollisionen mit Glasflächen. Allein in diesem Jahr waren es am Glashaus 24 von uns dokumentierte Fälle und nach einer Hochrechnung des VTO ~200.
Rechtliche Grundlagen: Der Schutz von Vögeln ist unter anderem in der EU-Vogelschutzrichtlinie, dem Bundesnaturschutzgesetz (§44) und dem Tierschutzgesetz (§17 TierSchG) verankert.
Mögliche Lösungen: Es existieren bewährte Maßnahmen wie Muster, die für Menschen kaum sichtbar sind, aber von Vögeln wahrgenommen werden können. Abzusehen ist hingegen von UV-Beschichtungen oder dem Anbringen von Silhouetten, da diese nachgewiesenermaßen wirkungslos sind.
Wir hoffen auf Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung in dieser wichtigen Angelegenheit zum Wohle der Natur und der Artenvielfalt in unserer Stadt. Sollten zeitnah keine wirksamen Maßnahmen getroffen werden, so sehen wir uns gezwungen rechtliche Schritte einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Maximilian Schätz, Anna-Josefine Sonntag & Madleen Schätz
Vorstand
NABU Kreisverband Jena e.V.
Dieser offene Brief wurde an folgende Empfänger versendet:
Oberbürgermeister der Stadt Jena, KIJ, Denkmalamt der Stadt Jena, Untere Naturschutzbehörde der Stadt Jena, Die Grünen Jena, Jenaer Nachrichten, Redaktion OTZ, Redaktion TLZ, dem Pächter des Objekts, dem VTO sowie weiteren NABU internen Gliederungen.