Ein weiterer einheimischer Finkenvogel ist der Gimpel Pyrrhula pyrrhula. Sein Zweitname „Dompfaff“ deutet auf die schwarze Kopfkappe hin, welche erst im adulten Federkleid gut sichtbar ist, beim Jungvogel noch fehlt.
Die Geschlechter lassen sich im Feld gut unterscheiden: Weibchen sind schwarz/grau, die Männchen schwarz/rot (pyrros griech.: feuerrot). Beide haben eine weiße Flügelbinde. Im Flug leuchten bei beiden die weißen Bürzel. Sollte sich einmal ein Gimpel mit einem helleren rosaroten Unterbauchgefieder finden lassen, so handelt es sich um ein Männchen, das noch nicht vollständig ausgefärbt ist.
Obwohl die Gefieder sehr auffällig wirken, sind Gimpel bisweilen eher schwer zu sichten. Sie verhalten sich vorsichtig, sitzen nur selten exponiert. Weit besser lässt sich der Gimpel durch seinen markant starken, kurz pfeifend klingenden Ruf („diöh“) entdecken, der von beiden Geschlechtern genutzt wird und zur Bestimmung dieser Art gut gelernt werden kann. Doch Vorsicht: sehr ähnlich ist auch der Kontakt-Ruf des Buchfinks, allerdings weit schwächer in der Tonstärke. Schließlich sind auch Grünfinken in der Lage, Tonhöhe und Tonlänge des Gimpelrufs zu adaptieren, jedoch wiederum leiser. Außerdem bleiben Grünfinken kaum oder gar nicht bei dem einsilbigen (gimpel-)Ruf, sondern, wechseln fast immer in schnelle Tonreihen über. Es bedarf ein wenig der Übung, um anhand von Tonstärke und Entfernung den Gimpel sicher bestimmen zu können – ist aber nach ein paar aufmerksamen Erfahrungen kein Problem.
Der melancholische, mehrsilbige Gesang des Gimpels ist nur selten zu hören, zeichnet sich aber durch besonderen Wohlklang aus. Da man vor allem bei Jungvögeln eine gewisse Lernfähigkeit beobachtet hatte, wurden Gimpel bis vor etwa 200 Jahren auch in unseren Breiten als Käfig-Singvögel abgerichtet und sogar nach Übersee gehandelt.
Im englischen Sprachraum wird der Gimpel „Bullfinch“ genannt: barocke Gestalt und kräftiger Nacken – ähnlich dem eines Bullen.
Zum Lebensraum des Gimpels gehören lichte Misch- und Laubwälder, Offenland mit Ackerrainen, gehölzbestockten Siedlungsbereiche, Gärten, Parks, Friedhöfe. Ein Gimpelpaar hat ein relativ großes Einzugsgebiet. Nicht selten sind Gimpel bei der Futtersuche während der Aufzucht der Jungen mehr als 500m abseits des Nestes zu finden. Obwohl sich Gimpel fast ausschließlich vegetarisch ernähren (Körner, Früchte und Samen), wird zur Jungenaufzucht auch proteinreiches Futter benötigt: Raupen, Insekten, Käfer. Eine gelingende Jungenaufzucht hängt also direkt vom Insektenreichtum ab. Ab Mai werden in einem nur wenige Meter über dem Boden, in dichten Gehölzen gut getarnten Nest etwa vier bis sechs blau-grün gefleckte Eier abgelegt. Die Brutzeit beträgt ca. 14 Tage, nach weiteren zwei Wochen sind die Jungen flügge.
Über den Winter kommen in jedem Jahr die nordischen/skandinavischen Gimpel in unsere Breiten, die Trompetergimpel (ssp. pyrrhula - siehe Foto). Diese Unterart ist nur geringfügig größer, was aber kaum oder gar nicht im Feld erkennbar ist, zumal das Federkleid zur heimischen Art so gut wie keine Unterschiede aufweist. Markant und unverwechselbar ist jedoch der Ruf der Trompetergimpel: ein eigentümliches „Tröööööt“, ca. eine Sekunde lang, gleichbleibend in der Tonhöhe, leider gar nicht so, wie eine Trompete, sondern eher gedämpft. Es genügt, diesen Ruf einmal zu hören, um ihn nie wieder zu vergessen. Der Ruf wird von Männchen und Weibchen gleichermaßen geäußert.
In Jena konnten in den vergangenen 12 Jahren nahezu in jedem Winter u.a. rings um das Ostbad, entlang des Saaleradweges, zwischen Burgau und Göschwitz Trompetergimpel aufgefunden werden. Einträge auf ornitho.de beachtend, wird sich sehr schnell eine Beobachtung ermöglichen lassen, zumal keine besonderen Tageszeiten (Dämmerung) oder Witterungen erforderlich sind.
Neben der Unterart Trompetergimpel kommen im gesamten Verbreitungsgebiet von Skandinavien über Spanien bis hin zum Pazifik noch weitere acht Unterarten vor.
Der Gimpel zählt zu den einheimischen Singvogelarten, deren Bestand derzeit (noch) nicht gefährdet ist. Man geht von 170.000 - 330.000 Brutpaaren in ganz Deutschland aus. In und um Jena, auf den Probeflächen des Monitorings häufiger Brutvogelarten (MhB), das von einigen Fachgruppenmitgliedern alljährlich absolviert wird, ist der Bestand zwar recht überschaubar, jedoch konstant.
Will man dem Gimpel etwas Gutes tun – und das trifft nicht nur für das eigene Grundstück oder den Garten zu – sind die Ansiedlung und das möglichst lange Belassen von insektenfreundlichen Blühpflanzen und gehölzreichen Strukturen, vor allem aber der Verzicht auf Insektizide die besten Maßnahmen. Gewinner wären zudem viele andere einheimischen Tierarten.
Text: Kathlen Runge / Holger Kirschner
Foto Trompetergimpel: Holger Kirschner