Auch wenn man es vielleicht auf den ersten Blick nicht vermutet, so gehört doch der unscheinbar bräunlich gefärbte Wendehals ebenfalls zur Familie der Spechte (Picidae).
Seinen Namen erhielt der einzige, in Afrika überwinternde Zugvogel unter unseren einheimischen Spechten durch sein eigentümliches Revierverhalten: zischend, mit aufgerichteten Kopffedern und hochgestrecktem Hals zeigt er mit spitzem Schnabel gegenüber Störenfrieden in Brutplatznähe an, wer hier das Sagen hat. Auch gegenüber den eigene Artgenossen wird auf diese Weise eine recht ausgeprägte Aggressivität bekundet.
Das auffällige Verhalten des „Kopfdrehens“ führte wohl auch zum wissenschaftlichen Namen Jynx torquilla, dessen Herkunft aus der altgriechischen bzw. römischen Mythologie abgeleitet werden kann: Als Lunyx, Iunx oder eben Jynx torquilla (von lateinisch torquere, d.h. „drehen“) findet in alten Sagen eine Gestalt Erwähnung, die (zur Strafe) in einen „Wendehals“ verwandelt wurde.
Die Angaben zum Bestand des Wendehalses weisen eine recht große Spanne und somit eine gewisse Unsicherheit auf, was wohl auf das vergleichsweise unauffällige Aussehen des mit etwa 15 bis 19 cm „lerchengroßen“ Vogels zurückzuführen ist – eine Sichtung ist wegen der guten Tarnung nicht so einfach wie z.B. beim Grün- oder Buntspecht. Der Ruf des Wendehalses ist hingegen sehr markant, in der Brutzeit weithin zu vernehmen und geht von beiden Geschlechtern aus. Allerdings trommelt der Wendehals nicht wie z.B. Schwarz- und Buntspecht laut hörbar an Baumstämmen – dafür fehlt ihm der specht-typische Meißelschnabel.
Mit ca. 8.500 bis 15.500 Brutpaaren in Deutschland wird der Wendehals als „streng geschützt“ eingestuft, in Thüringen geht man von 100 bis 1.200 Revieren aus und hat dem Wendehals den Rote-Liste-Status 3 („stark gefährdet“) zuerkannt. Wer also einen Wendehals in seinem natürlichen Lebensraum - in der offenen, leicht gehölzbestockten Landschaft, auch auf siedlungsnahen Streuobstwiesen oder inmitten lichter Parkanlagen - „ansprechen“, d.h. entdecken und zweifelsfrei bestimmen konnte, darf sich schon über ein besonders Erlebnis freuen!
Für das in der Regel 7 bis 10 Eier umfassende Gelege werden in der Brutzeit von Mai bis Juni vor allem aufgegebene Buntspechthöhlen, nur ausnahmsweise auch mal Nistkästen genutzt.
In noch größerem Umfang als bei dem hier im August vorgestellten Grünspecht ernährt sich der Wendehals von Ameisen und ihrer Brut. Denn ohne Krallenzehen vermag er nicht, sozusagen „spechtgemäß“ aus dem Flug an einem Stamm zu landen und hier auf Beutesuche zu gehen. Die Nahrungsauswahl ist daher recht eng, wenngleich Beeren, Blattläuse, Spinnen und Raupen nur im Ausnahmefall (z.B. bei ungünstiger Witterung) aufgenommen werden. Seine Nahrung findet der Wendehals somit weder in schattigen Wäldern noch in ausgesprochenen Trockengebieten, auch Landschaften mit hochwüchsiger Vegetation oder intensives Grünland sind für ihn ungeeignet.
Die relativ enge Spezialisierung des Wendehalse hinsichtlich seines - durch Bebauung und landwirtschaftliche Intensivierung im Rückgang begriffenen - natürlichen Lebensraumes und der Nahrung, seine Abhängigkeit von Bruthöhlen anderer Spechtarten, die in Siedlungsnähe stets höhere Dichte an natürlichen Feinden wie Steinmarder, Katzen, Elstern - das sind nur einige der Ursachen für seine starke Gefährdung. Denn wie bei allen Zugvögel greifen auch die besten Schutzmaßnahmen im Brutgebiet weder während des mehrmonatigen Aufenthaltes in den Winterquartieren noch auf der Zugroute.
Text: Kathlen Runge
Bildnachweis: https://de.wikipedia.org/wiki/Wendehals_(Vogel)