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Auf den Spuren der Haselmaus – Mit Jörg Nüske im Jenaer Forst

© Jörg Nüske
© Jörg Nüske

An einem stillen, nicht zu heißen Augusttag begleiten wir Jörg Nüske bei einem Kontrollgang der Nistkästen der Haselmaus. Wir möchten mehr über sein Engagement erfahren, wie alles begonnen hat und warum er sich für dieses Nagetier einsetzt.

 

„Es war mehr oder weniger Zufall, dass ich an die Haselmäuse geraten bin“, sagt Jörg Nüske, während er im Jenaer Forst einen Waldweg hinaufsteigt. 

Was einst mit Beobachtungen im eigenen Garten begann, hat sich zu einem wichtigen Naturschutzprojekt entwickelt, das er seit 2020 mit Leidenschaft verfolgt. Seit er ins Rentenalter eingetreten ist, hat es sich Jörg Nüske als Teil des NABU Jena zur Aufgabe gemacht, diese Tiere zu studieren und zu ihrem Schutz beizutragen. In seinem eigenen Garten entdeckte er die scheuen Bilche und beschäftigte sich dann intensiver mit ihnen – sein Interesse und der Wunsch, sie stärker zu schützen, waren schnell geweckt. Damals war er noch kein Mitglied im NABU Jena. Dennoch suchte er sich Unterstützung beim Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) und erhielt eine Förderung. Das Aufhängen mehrere Nistkästen war der erste Schritt zum Schutz dieser Art.

Doch wer ist die Haselmaus eigentlich?

Die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ist kein „echter“ Vertreter der Mäuse, sondern gehört zur Familie der Bilche – also zu den Schläfern, zu denen auch Siebenschläfer zählen. Ihr Name kommt von ihrer Lieblingsspeise: der Haselnuss. Doch ihr Speiseplan ist abwechslungsreich. Im Frühjahr frisst sie unter anderem Knospen und Pollen, später bspw. auch Insekten und im Herbst Nüsse sowie Beeren.

 

Besonders ist nicht nur ihre Ernährung, sondern auch ihr Lebensstil: Die Haselmaus ist ein Meister der Tarnung. Tagsüber schläft sie in kugelförmigen Nestern aus Gras und Blättern, hoch in Sträuchern oder Baumhöhlen versteckt. Aktiv wird sie erst in der Dämmerung. Und im Winter? Da hält sie einen monatelangen Winterschlaf – gut versteckt im Boden oder in Laubhaufen.

Ein streng geschütztes und stark gefährdetes Tier

Die Haselmaus ist streng geschützt und in vielen Regionen stark gefährdet. Sie ist ein wichtiger Indikator für naturnahe, strukturreiche Wälder und Heckenlandschaften. Wo sie vorkommt, ist die Natur meist noch intakt. Die Haselmaus zeigt ein ganz eigenes Verhalten: Bei einer Störung flüchtet sie hoch in die Wipfel und beobachtet von dort erst einmal die Lage.

Fun Facts zur Haselmaus

  1. Eine erwachsene Haselmaus wiegt gerade mal 15 bis 40 Gramm – so viel wie ein Schokoriegel.
  2. Sie baut mehrere kugelförmige Nester aus Gras und Blättern – für Schlaf, Tagesruhe und die Aufzucht der Jungen.
  3. Sie ist nachtaktiv und extrem scheu. Selbst Forscher bekommen sie kaum zu Gesicht.

Naturschutz in Aktion

Sein Herzensprojekt ist jedoch nur in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden, in diesem Fall der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), realisierbar. Beim Öffnen eines Nistkastens entdeckt Jörg Nüske ein kaum 20 Tage altes Jungtier. Ungewöhnlich an diesem Fund ist, dass es ganz allein ist – ohne Muttertier und Geschwister. Im August kann es immer noch neue Würfe geben. Das wird auch beim Rundgang deutlich als Jörg ein weiteres Nest mit Jungtieren von gerade einmal zehn Tagen auffindet.

 

An anderer Stelle ist die Freude größer: In Kasten Nr. 35 hat sich eine Haselmaus-Familie mit fünf Jungtieren eingenistet. Die Arbeit ist aufwendig: Kontrollgänge dauern oft acht Stunden. Neben den Kästen installiert Jörg auch Audio-Logger, um die Lautäußerungen der Haselmaus zu erforschen. Viele ihrer Töne liegen im Ultraschallbereich – für uns Menschen unhörbar. Dafür hat er die Deckel einiger Kästen modular gestaltet, sodass hier je nach Interesse unterschiedliche Vorrichtungen integriert werden können. Die Ergebnisse seiner Beobachtungen sollen später in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden.

Warum lohnt sich dieser Einsatz?

Die Haselmaus ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wälder. Sie trägt zur Verbreitung von Samen bei, hält das ökologische Gleichgewicht und zeigt an, wie es um unsere Lebensräume steht. Doch ihre Bestände schrumpfen – durch intensive Forstwirtschaft, den Verlust von Hecken und strukturreichen Waldrändern. Jede Art, die verschwindet, reißt ein Stück Natur mit sich. 

 

Für Jörg Nüske ist das Engagement Herzenssache: „Für mich ist das praktischer Naturschutz“, sagt er. Und die Erfolge sind sichtbar: Die Population in diesem Waldstück scheint sich stabil zu entwickeln. Aber die Entwicklung sei standortabhängig sehr unterschiedlich. Im vergangenen Herbst sah es weniger gut aus, nun habe er wieder ein gutes Gefühl hinsichtlich der Individuenzahl für dieses Waldstück.


Was können wir alle tun?

Wer die Haselmaus unterstützen möchte, kann im eigenen Garten oder Waldstück Nistkästen anbringen und diese im Herbst reinigen. Für den direkten Umgang mit den Tieren braucht es allerdings eine behördliche Genehmigung. Wichtig ist zudem eine naturnahe Gestaltung: heimische Sträucher pflanzen, Hecken nicht radikal zurückschneiden, Totholz liegen lassen.

Jede Haselmaus, die im Wald bleibt, ist ein Gewinn für die Artenvielfalt.

Vielen Dank an Jörg für den Einblick und sein Engagement!


Text: Martin Schöne & Anne Maiwald

Bilder: Jörg Nüske & Martin Schöne

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